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Anna, die letzte Gräfin von Katzenelnbogen

 

.... Dr. Brigitte Streich................

Leiterin Stadtarchiv Wiesbaden

aus Nassauische Annalen 118, 2007 auszugsweise:

Anna entstammte der ottonischen Linie der Grafen von Nassau, dem Zweig mit Residenzen in Siegen, Hadamar und Dillenburg, der in der Landesteilung von 1255 Gebiete nördlich der Lahn erhalten hatte. Schon im 14. Jahrhundert hatte Otto II von Nassau-Dillenburg durch seine Ehe mit Adelheid von Vianden im heutigen Luxemburg die Basis zum späteren Erwerb der gleichnamigen Grafschaft gelegt, die schließlich Annas Großvater Engelbert I als Erbe zufiel, als die letzte Gräfin von Vianden kinderlos gestorben war. Durch dessen Heirat mit Johanna von Polanen 1403 kam die Herrschaft Breda in Brabant zum Besitz hinzu. Annas Vater Johann IV konnte 1450 bis 1472 den dillenburgischen mit dem niederländischen Besitz vereinigen; sein vollständiger Titel lautete Graf zu Nassau, Vianden und zu Diez, Herr zu Breda.

Nochaus einem anderen grund war Annas Herkunftsfamilie im burgundisch-niederländischen Raum verwurzelt: Graf Johann hatte eine wicdhtige Position am Hof Philipps des Guten von Burgund inne; 1443 nennt ihn der mächtigeHerzog seinen Rat und Kämmerer. Auch Annas Mutter entstammte dem burgundisch-niederrheinischen Einflußbereich: Sie war Gräfin von Loon-Heinsberg. Sie brachte weitere niederrheinische Besitzungen in die Ehe ein. Annas Eltern heirateten im Februar 1440, Anna war ihre älteste Tochter. Wo und wann Anna das Licht der Welt erblickte, wissen wir nicht. Einige Gründe sprechen dafür, dass sie Ende 1440 oder 1441 geboren wurde. Sie hatte mindestens fünf Geschwister: Johanna, Adriane, Engelbert II und Johann V, die 1444, 1449, 1451, 1455 zur Welt kamen, sowie eine Schwester Ottilie, deren Geburtsjahr nicht bekannt ist. Geburtsort Adrianas, Engelberts und johanns, wie vielleicht auch der anderer Geschwister, war das brabantische Breda, neben Dillenburg wohl die wichtigste Residenz von Annas Eltern. Hier fanden sie später auch ihre letzte Ruhestätte. Es gab zudem noch mindestens zwei außer- oder vorehelichen Beziehungen von Annas Vater entsprossenene Kinder, die, den Bräuchen der Zeit ensprechend, als Bastarde bezeichenet und bei Hofe mitversorgt wurden: Johann und Adrian Bastarde von Nassau.

Ihre zweite Ehe mit dem 1402 geborenen Grafen Philipp von Katzenelnbogen war von Annas Eltern unter Mitwirkung der Katzenelnbogener Landstände arrangiert worden. Wäre aus der Verbindung des bereits hochbetagten Grafen Philipp mit der verwirweten Herzogin ein Sohn hervorgegangen, hätte der später eingetretene Anfall an die Landgrafschaft Hessen, der in der Ehe von Philipps Tochter Anna mit Landgraf Heinrich III von Hessen seine erbrechtliche Begründung hatte, vermieden werden können. Dies hätte ganz im Interesse der Grafen von Nassau gelegen.
Die Eheberedung besagte, dass Anna als Wittum Einkünfte an Zinsen und Naturalien von 1600 Gulden im Jahr erhalten sollte. Als Witwensitz wies Graf Philipp seiner Braut Burgschwalbach mit der zugehörigen Herrschaft und allen Nutzungsrechten zu; aus diesen Herrschaftsrechten abzuleitende Einnahmen, etwa aus Gerichtsbussen und anderer Gefällen, sollte nicht auf ihre sonstigen Einkünfte angerechnet werden. Als Morgengabe verpflichtete sich der Graf, ihr 200 Gulden jäührlich anzuweisen, die sie nach seinem Tod nach Gutdünken, etwa zu ihrem Seelenheil, verwenden durfte. Anna sollte im Gegenzug dem Grafen eine Mitgift von 400 Gulden jährlich mit in die Ehe bringen. Diese Mitgift bestand aus den Einkünften aus Annas Braunschweiger Wittum, dem Amt Lüchow, das sie für eine Summe von 666 Gulden jährlich verpachtete. In diesem Zusammenhang wird erstmals so etwas wie ein fester Wille der Fürstin spürbar: Als nämlich Annas Schwiegervater Herzog Friedrich der Fromme und seine Räte gegen den von ihr gewählten Pächter Einspruch erhob, weil sie mit ihm in Fehde lagen, beugte sich Anna dem Wunsche des Herzogs nicht, sondern setzte sich in Bezug auf den Pachtvertrag durch.
Als Anna Ende 1473 Celle und das Herzogtum Braunschweig verließ, ließ sie ihren fünfjährigen Sohn in der Obhut ihres Schwiegervaters und ihrer Schwägerin Magarethe als einziger weiblicher Verwandter zurück. Dies war für die Kinder einer fürstlichen Witwe aus erster Ehe üblich und sogar rechtsverbindlich. Schließlich war Heinrich der einzige Erbe des Herzogtums. Welche Gefühle sie dabei bewegten, entzieht sich zwangläufig unserer Kenntnis. Vielleicht hat die große Fürsorge, die die Fürstin, wie aus ihren Hofrechnungen abzulesen ist, Jahrzehnte später ihren Enkeln entgegenbrachte, etwas mit diesem frühen Abschied und ihren Schuldgefühlen dem Sohn gegenüber zu tun. Wie der junge Herzog den Weggang seiner Mutter erlebte, wissen wir nicht. Der Charkater Herzog Heinrichs, der als erwachsener Mann auf verschwenderischem Fuß lebte und in den Berichten seiner Söhne als jähzornig und gewalttätig geschildert wird, könnte seine Wurzeln in diesem frühen Verlust haben.
Bald nach ihrer Eheschließung mit Graf Philipp von Katzenelnbogen am 24. Januar 1474 wurde Anna offenbar zum Spielball einer politischen Intrige ihres Vaters. Ein des mehrfachen Mordes beschuldigter Priester, Johann von Bornich, sagte aus, auf Anstiftung enger Vertrauter des Landgrafen von Hessen im Januar 1474, angeblich noch vor der Eheschließung, bei einem von ihm in der Kapelle der Katzenelnbogener Burg Rheinfels zelebrierten Gottesdienst Anna einen Kelch vergifteten Weins gereicht zu haben. Im Verhör beschuldigte Johann von Bornich vor allem Hans von Dörnberg, den Hofmeister des hessischen Landgrafen. Die Landgrafschaft Hessen war die Instanz, an die Katzelnbogen heimfallen würde, und damit auch Nutznießerin von Philipps erbenlosem Tod und eines vorzeitigen Todes der Herzogin.
Anna fiel auf, dass der Wein trübe war, worauf Johann antwortetete, das hätten vielleicht Vögel oder Würmer verschuldet, oder es sei vielleicht Ingwer in dem Kelch zerschnitten worden. Nachdem Anna von dem Wein getrunken hatte, erkrankte sei; augenscheinlich war sie vergiftet worden. Fest steht allerdings nur, dass sie an einem Fieber litt und sich rasch erholte. Der behandelnde Arzt stellte keine Anzeichen einer Vergiftung fest.

(Brigitte Streich)

Gräfin Anna von Katzenelnbogen geb. Gräfin von Nassau-Dillenburg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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